Diese Chronik soll die Entstehungsgeschichte unserer Schiedsrichtergruppe verdeutlichen. Sie soll vor allem aufzeigen, welche Schwierigkeiten in den Gründungsjahren bestanden und welch großer Idealismus aufgebracht werden musste, um den Grundstein dafür zu legen, was die Wangener Schiedsrichtergruppe noch heute auszeichnet.
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Fußballspiele von neutralen Schiedsrichtern geleitet. Es existierten damals aber nur sehr wenige Fußballvereine, so dass es nur wenige Spiele gab und sich das „Schiedsrichterwesen“ lediglich auf lokaler Ebene abspielte. Die Nachkriegszeit mit all ihrem persönlichen Kummer und Leid, mit der großen Sorge um das tägliche Brot, um Angehörige in Gefangenschaft und der bedrückenden, schrecklichen Erinnerungen, weckte ein Bedürfnis nach gemeinsamer Betätigung.
Die französische Besatzungsmacht hatte gegen Fußball – im Gegensatz zum als militärisches Üben deklarierten Turnen – keine Einwendungen und erteilte den sich bildenden Mannschaften gerne die Genehmigung zum Fußballspielen. Mit dem Neubeginn des Spielbetriebs wurde schnell der Ruf nach neutralen Unparteiischen laut.
So war es der schon vor dem Krieg bekannte Schiedsrichter Karl Biedenkapp, der im Jahr 1946 die Kreisschiedsrichtervereinigung Wangen gründete. Um den rasch zunehmenden Spielbetrieb zu gewährleisten, fand am Karfreitag des Jahres 1947 unter dessen Leitung der erste Bezirksschiedsrichterkurs in Bad Wurzach statt. Nach dieser regeltechnischen Auffrischung und einem bald folgenden Neulingskurs standen dem Obmann insgesamt neun Schiedsrichter zur Verfügung: Sauter, Bächtle (beide Wangen), Schmidt (Isny), Spang, Geiger (beide Aitrach), Baldauf (Weiler), Hecht, Jaag (beide Kisslegg) und Dieterle (Amtzell). In dem schon bald folgenden zweiten Neulingskurs wurde unter anderem der spätere Obmann Daniel Heil zum Schiedsrichter ausgebildet.
Gehört auch heute noch eine gehörige Portion an Sportbegeisterung und Idealismus dazu, um unser Ehrenamt auszuüben, so muss man doch voll tiefer Anerkennung die Opferbereitschaft der Unparteiischen erster Generation anerkennen. Während die Mannschaften damals auf per Holzvergaser angetriebenen Lastkraftwagen anreisten, blieb dem Schiedsrichter nur die spärlich verkehrende Bundesbahn in Kombination mit dem Fahrrad. Sonntag für Sonntag waren sie unterwegs und trotzten jedem Wetter. Die sanitären Einrichtungen der Clubs steckten noch in den Kinderschuhen. In der Regel standen der Gastmannschaft und dem Schiedsrichter lediglich ein Kaltwasserstrahl hinter dem Vereinslokal zur Verfügung. Sicherlich musste manches Mal, um drohenden Unwettern aus dem Weg zu gehen, auf das Waschen verzichtet werden. Empfindlich durfte man damals nicht sein!
Das sei am Beispiel eines Spielauftrages Biedenkapps dargestellt: Er war zur Leitung eines Zonenligaspiels in Freiburg eingeteilt. Dazu musste er mit der Bahn am Samstag anreisen. Auf der Rückfahrt kam er am Sonntagabend nur noch bis Friedrichshafen. Dort musste er die Nacht am eiskalten Bahnhof verbringen; Ankunft in Kißlegg am Montag in der Früh um sieben Uhr. Für sein leibliches Wohl hatte er lediglich eine 50g-Fleischmarke dabei.
Trotz alledem blieben die Unparteiischen bei der Sache und ließen – auch Dank Karl Biedenkapps trockenem Mannheimer Humor – nie den Kopf hängen. Sein Vorbild spornte die anderen immer wieder an. In seiner 31-jährigen Schiedsrichtertätigkeit hatte Biedenkapp keinen Spielabbruch. Ganz besonders streng ging er mit denen um, die durch Mätzchen die Gunst der Schiedsrichter erobern wollten. Elfmeterschinder und Strafraumleichen mussten mit dem Ausschluss rechnen. Er pfiff zuletzt in der 2. Liga Süd, der damaligen zweithöchsten Spielklasse.
Die Schiedsrichter unseres Kreises pflegten schon bald einen regen Austausch mit den Kreisen Memmingen, Kempten und Sonthofen. Dieser Austausch wurde im Spieljahr 1954/55 – aufgrund eines Streiks der österreichischen Schiedsrichter – zeitweilig sogar auf Vorarlberg und Tirol ausgedehnt.
Im Jahr 1959 legte Karl Biedenkapp zum Erstaunen aller seine sportlichen Ämter nieder. Die bange Frage des Fortbestandes und der Weiterentwicklung wurde aber durch den Nachfolger rasch beantwortet. Daniel Heil, als Biedenkapps Schüler bereits seit 1952 Schiedsrichter und bis in die 1. Amateurliga aktiv, übernahm die Schiedsrichtervereinigung Wangen. Heil wurde bald darauf auch zum Lehrwart ernannt.
Mittlerweile wurde eine Vielzahl neuer Vereine gegründet. Zur Leitung der Spiele mangelte es an Unparteiischen, so dass die Begegnungen der zweiten Mannschaften und der Jugend zumeist nicht besetzt werden konnten. Und dies, obwohl es „gerade bei Jugendspielen von entscheidender Bedeutung für die Heranwachsenden (sei), dass ihre Spiele korrekt geleitet werden, (damit sie) erkennen, dass dieser schöne Kampfsport nach klaren Regeln gespielt werden muss und von daher auch seinen Reiz erhält.“ Daniel Heil führte eine Vielzahl von Neulingslehrgängen durch, so dass sich unter seiner Ägide die Zahl der Schiedsrichter von 21 auf 90 erhöhte und sich die Kreisvereinigung Wangen zur stärksten im Bezirk entwickelte. Heils Talent als Lehrwart blieb auch dem Württembergischen Fußballverband nicht verborgen, so dass er ein gern gesehener Referent an der Pädagogischen Hochschule in Weingarten, an den Sportschulen in Tailfngen und Ruit und im Hotel Waltersbühl war. Er leitete über 1.000 Spiele im Inund Ausland und seine Schiedsrichterlaufbahn erfuhr die Krönung, als er im Jahr 1967 in die Regionalliga aufstieg. Mitten in seinem ehrgeizigen Wirken erkrankte er jedoch schwer und musste zunächst seine aktive Tätigkeit und im Jahr 1979 auch seine Funktionärstätigkeit aufgeben.
Der 30-jährige Hans-Joachim Maier übernahm fortan das Ruder. „Jochen“ gehörte damals schon zu den großen Idealisten im Fußballsport. Neben seiner Tätigkeit als Jugendleiter und Jugendtrainer bei seinem Heimatverein FC Wangen galt sein besonderes Interesse der Schiedsrichterei. So war es nicht verwunderlich, dass er zum Nachfolger von Daniel Heil gewählt wurde. Im Jahr 1993 trat HansJoachim Maier die Nachfolge von Josef Weber als Bezirksschiedsrichterobmann im Bezirk Bodensee an. Dank seiner Einsatzkraft und seinem Mut, stets Neues zu wagen, konnte er immer wieder Menschen für das Schiedsrichterwesen begeistern und so die Schiedsrichtergruppe Wangen zu großen Erfolgen führen. Übernahm er die Gruppe mit 90 Personen, so baute er sie während seiner 24-jährigen Amtszeit auf 180 Referees aus. Im November 1995 wurde er vom wfv für seine einzigartigen Verdienste mit der SR-Ehrennadel in Gold ausgezeichnet.
Im Jahr 2003 wurde Josef Ringer zum vierten Obmann der SRG Wangen gewählt. Er leitet bis heute die Geschicke der Gruppe.
Abschließend soll ein Zitat aus der früheren Zeit der SRG Wangen den Idealismus der "Gründergeneration" verdeutlichen:
"Schiedsrichter sein ist nicht leicht. Es genügt nicht, dass man die Fußballregeln aus dem Gedächtnis vorsagen kann – was natürlich Voraussetzung ist – sondern man muss mit dem Herzen dabei sein. Nur so kann man sich mit dem Spiel identifzieren, sich zur Persönlichkeit auf dem Spielfeld entwickeln und so von allen Beteiligten anerkannt werden. Man braucht Mut zu unpopulären Entscheidungen und Sinn für Gerechtigkeit. Diese Eigenschaften kommen aus dem Herzen. Alles übrige ist ‚handwerkliches Geschick‘ und daher erlernbar."